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Die Tage im Grünen Salon werden länger. Licht fällt auf die Erde und bricht sich in allen Farben. Wärme zieht ein. Das irdische Leben wird wieder bunt und strahlt.
Wir suchen die schönsten Orte auf, die wir kennen. Streifen durch Wiesen und saugen die Sonne mit allen Sinnen tief in uns ein.
So lange stand ich allein in der Kälte.
Jetzt habe ich den Eindruck, dass mich nichts mehr erschüttern kann. Die Welt, die ich einst kannte, ist in undurchdringliche, kalte Nebel gehüllt und liegt weit hinter mir.
Heute jedoch suche ich mit dir gemeinsam noch einmal die alten Ruinen auf und betrachte sie. Ohrenbetäubender Lärm, Verzweiflung und Scham dringen aus dem Grau in mein Gemüt.
Wir warten. Doch obwohl der Schritt in die Freiheit nur ein kleiner ist, bleiben wir allein.
Schließlich wenden wir uns um und widmen uns wieder der Schönheit einer Welt, die neben den drohenden Katastrophen immer existiert.
Hier ist alles klarer, flüsterst du und ich höre, wie frei und ungezwungen dein Geist ist.
Dein Arm auf meiner Schulter verspricht mir: Du bist behütet. Immer.
Obwohl Sicherheit eine Illusion ist, kann mir nichts geschehen. Das Leben ist ebenso süß wie der Tod. Und Leid das Resultat meiner Erwartungen, die von klein auf in mich gepflanzt wurden. Wie bunt kann mein Weg werden, wenn ich ihn selbst aussuche?
Ich schlinge meine Arme um deinen Körper. Drücke mein Herz an das deine und fühle, dass wir im gleichen Takt schwingen. Deine Augen erzählen mir von Liebe und Freude. Wissen und Ruhe.
Die verzweifelten Schreie aus den Nebeln lassen wir wieder weit zurück.
Wir fühlen die Sonnenstrahlen, die den Grünen Salon durchziehen.
Da nimmst du meine Hand. Ich schließe die Augen. Genieße die Wärme auf meiner Haut. Und wir laufen.

© Text und Bild: Li Anna