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Lange dachte ich, dass das Irdische nichts von mir wollte und ich für alle Zeiten den Grünen Salon erkunden würde. Ich stand am Ufer des Flusses, vergaß die Zeit, sah dem Wasser zu, das sich stetig erneuerte, und beachtete nicht, dass ich mit einem Fuß im tiefen Schlamm urdenklicher Strukturen stand.
Aber dann, nachdem der Mond das letzte mal verschwunden war und die Sonne nicht mehr aufging, zerrte ein alter Wind an meinen Haaren. Flüchtig ist diese Welt, doch unbändig und roh ergriff sie meine Hand.
Wohin soll es gehen?
Ich habe nie eine Antwort erhalten…
Jetzt stehe ich schon lange nicht mehr am Fluss. Stattdessen trage ich ihn in meinem Herzen und fühle, wie sich das Wasser unablässig erneuert, während ich über die festen Straßen erstickender Städte stolpere wie ein ungeschicktes Kind.
Ich halte inne und atme tief. Deine Präsenz dringt als feiner Blütenstaub in mich ein, durchspült meine Lungen und färbt meine Seele grün.
Ich schließe die Augen. Und für einen Moment spüre ich deutlich, wie die Planeten um mich kreisen, ich sehe die Farbspiele der untergehenden Sonne und mein Herz öffnet sich. Alte Wunden brechen auf. Blut fließt aus mir heraus, als wilder Strom, und taucht das Sein aller Dimensionen in Rot. Es sind Verzweiflung und Heilung gleichermaßen, die ich in den Kosmos gebe.
Niemals werde ich dich gehen lassen, flüstere ich ins Nichts. Du bist meine Kraft und mein Verstehen. Du bist meine Leidenschaft und mein Sinn.
Du antwortest nicht. Doch ich bin sicher, dass selbst dieser kalte Wind, der immer noch ungestüm an meinen Haaren zerrt, meine Worte zu dir tragen wird.
Ich öffne meine Augen. Und gehe meinen Weg weiter. Stolpernd. Über grauen Asphalt.
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©️Text und Bild: Li Anna