Ich atme tief ein: Der Sog meiner Lungen wirbelt die Welt auf.
Dann setze ich mich ins Gras und greife in die schwere, feuchte Erde. Ich reibe die schwarze Masse über deine Haut.
Die Ausprägungen deiner Muskeln erregen mich. Ich liebe die Wärme deines Körpers, die immer nur für mich existiert… Denn wir begegnen uns in jedem Augenblick neu.
Der Wind treibt die Wolken über den Himmel, gibt die Sonne frei, und ihre feine Strahlen streichen über meine Wangen.
Ich grabe tiefer in den Humus hinein: Es gibt so viel zu entdecken.
Du sitzt neben mir und schaust mir zu. Ruhe strömt aus deinem Geist in die geschäftige Welt.
Und wenn ich dir in die Augen schaue, versprichst du mir: Das Wissen über die Dinge und alles was ihnen zugrunde liegt ist zum Greifen nahe. Es durchzieht den Boden, durchwebt die Luft, ist in jedem Molekül gespeichert. Du musst nur hinsehen. Mit Hingabe hinter die Schatten der Oberflächlichkeiten schauen.
Und verstehen, dass das Leben viel mehr Zeit braucht, als du ihm gewillt bist zu geben.
Ich atme aus und mein Atem ergreift die kahlen Äste der Bäume.
Ich höre das Blut in meinen Adern rauschen und streiche tastend über deine Haut. Meine Fingerspitzen sind elektrisiert, weil sie dein Wesen erspüren.
Und meine Seele öffnet sich dem Wissen, das deine Gegenwart mir schenkt.
Die Welt ist weit und tief. Sie ist voller Wunder und unvorstellbarer Selbstverständlichkeiten.
Doch der Kampf ums Überleben verengt meinen Blick, lässt mich blind werden für Ruhe, Zeit und Verständigung hinter Sprachen und Konzepten.
Deine Augen blitzen auf.
Und auch ich muss lächeln. Denn ich weiß, dass ich niemals sterben werde. Mein Fortbestand ist Gesetz.
Es ist an der Zeit sich den wichtigen Dingen zu widmen. Also lasse ich mich neben dir nieder. Schmiege mich nah an deine Haut.
Wir werden eins…und waren es schon immer.
Ich lege mein Ohr auf meinen Planeten. Fühle die träge Leichtigkeit, in der er sich dreht. Weil es seine Natur ist. Und er nichts anderes kann. Dann lausche ich. In die Tiefe der schwarzen, nassen Masse hinein. Werde ganz. Und lerne.
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©️ Text und Bild: Li Anna
