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Es ist Zeit, flüstert der volle Mond in die Nacht.
Der schwarze Himmel ist weit. Er lässt die Sterne funkeln. Und kalt streichelt der Wind meine Wangen.
Ich zögere.
Ich wünschte, ich könnte bleiben.
Doch der Mond ist klar und hell. Sein fahles Licht erzählt mir, dass ich bereits viel zu lange gewartet habe.
Also laufe ich los.
Langsam. Mit schwerem Schritt.
Deine Sehnsucht gehört ganz dir, klingt es dumpf im Frost, während ich auf weißem Grund meine Spuren hinterlasse.
Wirst Du mich suchen? flüstert mein Herz. Doch die Worte bleiben in mir verschlossen, als müsste ich sie sogar vor der Unendlichkeit verbergen.
Ich zittere.
Ich zitterte auch damals, als ich begriff, dass Du mich für immer verlassen hattest.
Nichts konnte mich mehr erwärmen.
Und so irrte ich viele Monate, Jahre, Tag und Nacht, orientierungslos und mit hartem Herzen durch das Nichts.
Die Kälte kroch immer tiefer in mich hinein und zugleich brannte meine Brust, dass es schmerzte. Ich hinterließ eine Spur der inneren Verwüstung, den Gestank von Schuld und die Stürme tiefer Verzweiflung. Niemand wagte es mir zu folgen. Niemand versuchte mich zu erreichen.
Dann kam der Schnee. Er machte alles ruhig und weiß. Der Himmel klarte auf. Und eine süße Kühle legte sich auf mein Herz.
Ich hielt inne.
Ich sah:
Du bist frei zu gehen.
Und ich bin frei zu leben.
Und wenn ich nicht weiß wohin ich mich wenden soll, dann folge ich dem Ruf des Mondes, der silbern auf den Schnee scheint und die gesamte Welt zum Glitzern bringt.
Einst strich meine Hand über Deine Haut. Jetzt gleitet sie sacht über die ersten Knospen des nahenden Frühlings.
So erwacht das Leben unter meinen Fingerspitzen. Und schenkt mir den nächsten Moment, in dem ich jegliche Erinnerung hinter mir lasse und die Welt neu entdecke.
Ich bin unberührt wie der weiße Schnee.
Und mein Weg ist ein magisches Geheimnis, das sich mit jedem Schritt entfaltet.
Liebe ist überall.
Also mache mich auf, das Unbekannte tief in mich aufzunehmen.
Fülle meine Lungen mit der Frische des Aufbruchs…
Meine Glieder werden leicht.
Ich blicke in die Weite der Nacht.
Sehe das kristallklare Licht.
Und folge dem Wirbel, der mich ergreift.
.
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It’s time, whispers the full moon into the night.
The black sky is wide. It makes the stars twinkle. And the wind caresses my cheeks coldly.
I hesitate.
I wish I could stay.
But the moon is clear and bright. Its pale light tells me that I have already waited far too long.
So I start walking.
Slowly. With a heavy step.
Your longing is all yours, it sounds muffled in the frost as I leave my tracks on the white ground.
Will you look for me? my heart whispers. But the words remain locked inside me, as if I have to hide them even from infinity.
I am trembling.
I trembled then too, when I realized that you had left me forever.
Nothing could warm me anymore.
And so I wandered through the void for many months, years, day and night, disoriented and with a hard heart.
The cold crept deeper and deeper into me and at the same time my chest burned so much that it hurt. I left behind a trail of inner devastation, the stench of guilt and storms of deep despair. No one dared to follow me. No one tried to reach me.
Then the snow came. It made everything quiet and white. The sky cleared. And a sweet coolness settled on my heart.
I paused.
I saw:
You are free to go.
And I am free to live.
And when I don’t know where to turn, I follow the call of the moon, which shines silver on the snow and makes the whole world sparkle.
Once my hand stroked your skin. Now it glides gently over the first buds of the approaching spring.
Life awakens beneath my fingertips. And gives me the next moment in which I leave all memory behind and discover the world anew.
I am as untouched as the white snow.
And my path is a magical mystery that unfolds with every step.
Love is everywhere.
So I set out to absorb the unknown deep inside me.
Fill my lungs with the freshness of new beginnings…
My limbs become light.
I gaze into the vastness of the night.
See the crystal-clear light.
And follow the whirl that takes hold of me.

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©️Text und Bild: Li Anna