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Gestern hast du deine Augen weit aufgerissen und deinen Mund geöffnet.
Eingeatmet.
Ausgeatmet.
Der Sturm ergriff mein Herz.
Eingeatmet.
Der Sog zog mich in dich hinein.
Tief.
Tief kroch ich in deine Eingeweide.
Und nun sitze ich hier.
In der Dunkelheit.
In der Wärme.
Feuchtigkeit liegt in der Luft.
Ich höre, wie das Blut durch deinen Körper wälzt. Dein Atem röchelnd in die hintersten Ecken dringt. Und dein Magen die Schwere der Welt walgt.
Du arbeitest. Dein Organismus bebt.
Und ich weiß, draußen, vor deinen Augen, fließt der Fluss ruhig und träge von rechts nach links…als wären wir fertig. Ganz und gar entwickelt. Und reine Zufriedenheit.
Knurren. Knarren. Stöhnen dringt durch dein Inneres.
Ich lausche. Und fühle mich geborgen.
Hier kann mir nichts geschehen. Du umhüllst mich. Du wachst über mich. Du bist mein Universum.
Du bist ich. Und ich bin du.
Ich sinke tief in deine weiche, nasse Haut. Und lasse mich von der warmen Dunkelheit zärtlich umschlingen.
Mein Außen wurde kleiner.
Mein Inneres aber wächst in dem Wissen, dass du mich in dich aufgenommen hast. Ich bin ein Teil von dir.
Unwiderruflich.
Und es ist gut.
Ich schließe die Augen.
Erinnere mich an die Zeit, als ich einsam war.
Weil es keinen Ort gab, der mich mit offenen Armen und tiefer Hingabe empfing.
Es gab nur Mauern.
Geben und Nehmen.
Kommen und Gehen.
Verbindung und Trennung.
Ich seufze.
Nie wieder möchte ich dorthin zurück.
Ich schmiege mich tiefer in dich hinein.
Lausche dem Strom deines Blutes. Und höre, wie die Angst von Generationen in deinem Magen zerbröselt.
Du wirst sie loslassen.
Und ich muss mich nicht mehr um alte Verletzungen bemühen.
Es gibt nichts mehr zu tun.
Für alle Zeit.
.
.

Yesterday you widened your eyes and opened your mouth.
Breathed in.
Breathed out.
The storm seized my heart.
Breathed in.
The suction pulled me into you.
Deep.
Deep, I crawled into your entrails.
And now I sit here.
In the darkness.
In the warmth.
Moisture hangs in the air.
I hear the blood rolling through your body. Your breath rattling in the farthest corners. And your stomach churns with the weight of the world.
You are working. Your body trembles.
And I know that outside, in front of your eyes, the river flows calmly from right to left… as if we were finished. Completely developed. And pure contentment.
Growling. Creaking. Moaning echoes through your insides.
I listen. And feel safe.
Nothing can harm me here. You envelop me. You watch over me. You are my universe.
You are me. And I am you.
I sink deep into your soft, wet skin. And let the warm darkness embrace me tenderly.
My outside world has shrunk.
But my inner self grows with the knowledge that you have taken me into you. I am a part of you.
Irrevocably.
And it is good.
I close my eyes.
Remember the time when I was lonely.
Because there was no place that welcomed me with open arms and deep devotion.
There were only walls.
Give and take.
Come and go.
Connection and separation.
I sigh.
I never want to go back there again.
I nestle deeper into you.
Listen to the flow of your blood. And hear how the fear of generations crumbles in your stomach.
You will let it go.
And I no longer have to concern myself with old wounds.
There is nothing more to be done.
For all time.

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©️Text und Bild: Li Anna