Wir stehen am Ufer, blinzeln durch die Blätter in die Abendsonne und fühlen das Eine.
Dieser Tag war befreiend.
Wie lange habe ich dieses Gefühl vermisst! Fast hatte ich vergessen, wie es ist, zu sehen. Und gesehen zu werden.
Du warst bei mir. In jedem Moment. Als ich mich setzte, hast du dich an mich geschmiegt. Und als ich durch die Wiesen lief, hörte ich deinen Atem als feines Rauschen der Blätter im Wind.
Auch jetzt wiegen sich die Bäume lustvoll in den Böen, die unsere Wangen streicheln und mein Haar ergreifen. In der Luft liegt die Hoffnung meiner unschuldigen Seele, die mich ganz und gar erfüllte, bevor ich auf diese Welt kam. Ich habe wohl bemerkt, dass du sie mir seit Tagen wieder einhauchen wolltest. Doch die Enttäuschung über die physische Unvollkommenheit des menschlichen Seins hat mich bereits vor langer Zeit hart werden lassen. Ich fühlte mich nicht willkommen…
Heute aber, als die Welt meinen Namen sagte. Klar, laut. Und mich voll offener Neugierde anschaute, drang dein Atem tief in mich ein. Ich konnte nicht anders als Luft zu holen, die erfrischende Zuversicht einzusaugen und zuzulassen, dass sie in jede meiner Zellen drang. Ihren alten Platz einnahm. Mich offen und weit machte. Und die Welt wieder bunt erscheinen ließ.
Jetzt stehen wir am Ufer und blicken in das Meer der Möglichkeiten. Es liegt an mir, Bedeutung zu schenken und Welten zu schaffen. Das erkenne ich deutlich, während ich den Blütenblättern zusehe, die gelb glitzernd auf dem grünen Wasser treiben.
An diesem Punkt beginnt der Kosmos, sagst du mit Ehrfurcht in der Stimme.
Und gleichzeitig weiß ich: Es ist ein Spiel.
Denke nicht, dass du unwichtig bist.
Du lernst. Und beginnst zu begreifen, dass du weder vor dem Nichts, noch vor der Allmacht zurückschrecken musst. Denn du bist beides. Du bist Mensch. Du bist Liebe. Du wirst gesehen. Du siehst. Und dein Blick manifestiert die Welt. Also sei mutig. Wähle weise. Schaue nicht zurück. Und höre genau hin, wenn das Universum deinen Namen nennt. Denn du darfst jeden Tag auf‘s Neue fühlen: Es ist schön, dass du hier bist. Dass du jetzt bist. Dass du mir und der Welt Bedeutung schenkst. Danke, dass es dich gibt.
© Text und Bild: Li Anna