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Die aufgehende Sonne macht alles sichtbar, was im Winter schlief. Winde wirbeln das Chaos der Welt auf. Und mein Herz verkrampft.
Lange dachte ich, dass sich die Dinge öffnen müssten, um mich zu empfangen. Doch jetzt erkenne ich: Das Irdische schuldet mir nichts.
Ich schmiege mich an deinen Körper. Dein Atem umfängt mich und hüllt mich in das Nichts deiner Existenz, die weder bewertet noch widerspricht.
Muss ich alles, was geschieht, hinnehmen?
Ich will leben, was ich fühle. Wünsche mir tiefen Kontakt zu den Seelen, denen ich begegne.
Doch mir fehlen die Worte. Und meine Sehnsucht zerbricht an den Böen der Frühlingswinde.
Im Auge des Sturms bleibe ich isoliert. Beobachte hilflos, was geschieht.
Ich wünschte, ich könnte meinen Brustkorb öffnen und mein blutendes Herz der Welt zeigen.
Doch niemand sieht mich.
Du seufzt. Und mein Kopf hebt und senkt sich mit der Bewegung deiner Brust, während die Winde laut in meinen Ohren rauschen.
Die Hoffnung auf Verbindung hatte mich wie eine heiße Welle ergriffen. Fast bin ich darin ertrunken.
Jetzt tasten deine Finger nach den meinen. Und ich versinke in deiner Umarmung.
In Gedanken an die Vergangenheit fließen Träne meine Wangen hinab…die Erinnerung ist berührende Gegenwart und längst verblasstes Andenken gleichermaßen. Was bleibt, ist die Leere verlorener Träume.
Vielleicht gibt es nichts zu sagen, weil ich die Vereinzelung wählte, als ich mich für dieses Leben entschied? Vielleicht ist die Tiefe meiner Gefühle eine Macht, die keinen Widerhall finden kann. Relikt einer Zeit, in der ich alles war und mich nie erklären musste.
Das Echo meiner ungehörten Worte verliert sich in der Weite deiner reinen Existenz. Und mein Herz überlasse ich dem Wind, dass er es in alle Himmelsrichtungen trägt und im Kosmos verteilt. Jeden Versuch mich zu verstehen gebe ich auf. Und im gleichen Moment wird das Chaos zu einer Ordnung: Ich existiere, leide, und liebe das Leiden.
So lege ich mich schwer und breit in die Dunkelheit meiner Seele. Lasse die Trauer durch meine Adern fließen. Fühle, wie sie die Grenzen meines physischen Körpers durchbricht. Sie ist Teil der Unendlichkeit.
Und ich löse mich darin auf.
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©️ Text und Bild: Li Anna