Du betrachtest gerade

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Ich sitze am Ufer des Flusses. Und in Wellen fließt der Strom an mir vorbei. Er ist träge, doch bewegt er sich beständig. Denn das Wasser hat alle Zeit: Sein Lauf ist unendlich. Daraus entspringt seine unermessliche Kraft.
Ich sah Dich gehen. Ich ließ Deine Hand los und sagte, dass es gut sei. Denn ich möchte, dass Du frei bist.
Du kamst zu mir, weil Du es wolltest. Und Du gehst, weil Du weiterziehen willst.
Ich trank gierig ein letztes Mal aus Deinen Augen. Badete im Nichts Deines Geistes.
Und jetzt sitze ich am Ufer der wilden Unendlichkeit und bin allein. Auf meiner Haut glitzert das Sonnenlicht. Ich schließe meine Lider und sehe die Sterne. Wenn einer von ihnen fällt, wird mein Wunsch wahr. Ein kurzer Moment in der grenzenlosen Weite aller Existenz.
Oh ich will, dass sich mein Herz in der Unsicherheit der traumlosen Welt entspannt.
Ich will die Schwere, die Dein Aufbruch hinterließ, abschütteln.
Und ungehindert fließen.
Es war schmerzhaft Deine Berührung ziehen zu lassen.
Jetzt bin ich leer.
Es gibt nichts mehr, für das ich kämpfen muss. Die Fäden, die mich lenkten und sich eng um mein Herz schlangen, hast Du mit Dir genommen.
Mit jeder Sekunde, die in der Unendlichkeit vergeht, werde ich leichter. Ich lasse das Wasser des Flusses in meinen Adern rollen. Und der raue Wind ergreift mein Haar.
Ich bin frei. Für alle Zeiten.
Lasse mich nicht mehr beeindrucken.
Denn jeder Wunsch, der erfüllt wurde, muss vergehen. Und wer immer mich schuf, tat es auch nur um seiner selbst Willen.
Nun, da ich der Ironie des Lebens endlich keine Beachtung mehr schenke, schüttele ich alle Zwänge ab.
Ich musste Dich nie halten.
Ich muss nicht bleiben und warten.
Meine Wünsche waren bedeutungslose Ausformungen im beständigen Strom der Zeit.
So erkenne ich meine unermessliche Kraft.
Und fließe.
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I sit by the riverbank. And the river flows past me in waves. The current moves slowly, yet constantly. Because water has all the time: its course is eternal. This is the source of its immeasurable power.
I saw you leave. I let go of your hand and said that it was good. For I want you to be free.
You came to me because you wanted to. And you part because you wish to move on.
I drank greedily from your eyes one last time. Bathed in the nothingness of your mind.
And now I sit on the shore of the wild infinity and am alone. The sunlight glistens on my skin. I close my eyelids and see the stars. When one of them falls, my wish comes true. A brief moment in the boundless expanse of all existence.
Oh I want my heart to relax in the uncertainty of the dreamless world.
I want to shake off the heaviness that your departure left behind.
And flow unhindered.
It was painful to let go of your touch.
Now I am empty.
There is nothing left for which I must fight. You have taken with you the threads that bound me and wrapped themselves tightly around my heart.
With every second that passes in infinity I become lighter. I let the river’s water roll in my veins. And the rough wind takes hold of my hair.
I am free. For all time.
No longer impressed.
For every wish that has been fulfilled must pass away. And whoever created me only did it for his own desire as well. Now that I finally pay no more heed to the irony of life, I cast off all constraints.
I never had to hold you.
I do not need to stay and wait.
My desires were meaningless formations in the constant stream of time.
Thus, I recognize my immeasurable power.
And I flow.

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©️Text und Bild: Li Anna